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ALG Q: Neue Chance für Arbeitslose oder Frührente durch die Hintertür?

Mit dem Arbeitslosengeld Q will die SPD die Weiterbildung von Arbeitslosen in den Fokus rücken. Finden sie binnen drei Monaten keinen Job, sollen sie künftig das Recht auf Qualifizierung haben. In dieser Zeit erhalten sie das neue ALG Q. Während Kritiker die Gefahr einer Frühverrentungswelle sehen, begrüßen Gewerkschaften die SPD-Pläne als richtigen Schritt.

Arbeitslose könnten bald besser bei Weiterbildungen unterstützt werden. Denn während derzeit Qualifizierungsmaßnahmen zur Hälfte auf die Zahldauer des Arbeitslosengeldes I angerechnet werden, sollen arbeitssuchende Menschen künftig ein Recht auf Qualifizierung und ein gesondertes Arbeitslosengeld Q haben. Bis zu vier Jahre könnten Arbeitslose dann Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen.

Mit dem ALG Q will die SPD "Arbeitssuchende besser vor dem sozialen Abstieg schützen." Insbesondere Älteren, die arbeitslos werden, soll die Chance gegeben werden, mit neuen Fähigkeiten offene Stellen zu besetzen und nicht in Hartz 4 abzurutschen. Im Zuge der SPD-Pläne zur besseren Qualifizierung von arbeitssuchenden Menschen ist auch vorgesehen, dass mehr Menschen Anspruch auf ALG I haben sollen. Doch während das Vorhaben bei Gewerkschaften auf Zustimmung stößt, zeigt sich der Koalitionspartner kritisch.

Neues ALG Q, länger ALG I und höherer Hartz-4-Freibetrag

Die gestern von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und SPD-Generalsekretärin Katarina Barley in Berlin vorgestellten Pläne zum Arbeitslosengeld Q sehen drei zentrale Punkte vor:

  • Arbeitssuchende Menschen, die innerhalb von drei Monaten keinen neuen Job finden, haben das Recht auf eine Weiterbildung. Bisher liegt dies im Ermessen der Arbeitsagentur. Während der Qualifizierung erhalten Arbeitslose das ALG Q in Höhe des ALG I. Die Weiterbildung ist auch noch mit 62 Jahren möglich.
  • Der Anspruch auf ALG I soll nicht mehr wie bisher erst dann gelten, wenn Arbeitssuchende in den zwei Jahren vor Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate in die Arbeitslosenversicherungeingezahlt haben. Stattdessen reichen nach den SPD-Vorstellungen zehn Monate innerhalb von drei Jahren aus.
  • Die Freibeträge von Hartz-4-Empfängern für eigenes Vermögen sollen von 150 Euro auf 300 Euro pro Lebensjahr steigen. Bei einem 55-Jährigen blieben somit 16.500 Euro bei der Berechnung für die Grundsicherung für Arbeitssuchende unangetastet.

Darüber hinaus soll die Bundesagentur für Arbeit in Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung umbenannt werden. Nahles rechnet grob mit Gesamtkosten von einer Milliarde Euro, die die Ausweitung des ALG I auf mehr Anspruchsberechtigte und zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen kosten würden.

ALG Q: Zustimmung und Kritik

Gewerkschaften wie Verdi begrüßen die von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz initiierten Pläne. So sagte Verdi-Chef Frank Bsirske, dies sei ein Schritt in die richtige Richtung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund teilte dem Tagesspiegel mit, dass die SPD damit "einen Kardinalfehler der Agenda 2010 korrigiert, bei der die Arbeitslosen immer nur gefordert, aber nie ausreichend gefördert wurden."

Kritik kommt dagegen unter anderem vom Koalitionspartner CDU/CSU. So sieht der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Hans Michelbach, das Vorhaben als völlig realitätsfern. Durch das verlängerte Arbeitslosengeld würden die Pläne der SPD eine Frührente mit 58 Jahren durch die Hintertür schaffen. Das sei weder finanzierbar noch verhelfe es älteren Arbeitslosen zu einem neuen Arbeitsplatz.