Montag

Macron und Le Pen kämpfen um Einzug in Élysée

Paris (dpa) - Frankreich steht mit dem Präsidentschafts-Duell zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem sozialliberalen EU-Freund Emmanuel Macron vor einer Abstimmung über Europa.

Die beiden in fast jeder Hinsicht sehr unterschiedlichen Politiker gehen nach der ersten Wahlrunde vom Sonntag in die Stichwahl am 7. Mai, Macron gilt als klarer Favorit. In Berlin und Brüssel sorgte der Ausgang für Erleichterung, auch die Finanzmärkte reagierten positiv.

Gemeinsam ist Le Pen und Macron, dass sie keiner der großen Volksparteien angehören - für die konservative Opposition in Paris und die regierenden Sozialisten wurde die Wahl zum Debakel. Führende Sozialisten und Konservative riefen zur Unterstützung Macrons auf, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.

Nach den fast vollständigen Ergebnissen der ersten Runde lag Macron gut zwei Prozentpunkte vor Le Pen. Den fortlaufend aktualisierten Ergebnissen des Innenministeriums zufolge lagen bis zum Vormittag (09.00 Uhr) Ergebnisse vor, die rund 97 Prozent der Wahlberechtigten erfassten. Demnach verzeichnete Macron knapp 23,9 Prozent, seine Kontrahentin 21,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 78 Prozent, leicht niedriger als vor fünf Jahren.

Le Pens rechtsextreme Front National (FN) setzt auf eine EU-kritische Stimmung im Land: «Es gab noch nie so viele Stimmen für Kandidaten, die der Europäischen Union sehr kritisch gegenüberstehen», sagte der stellvertretende Parteichef Florian Philippot am Tag nach der Wahl im Sender Franceinfo. Dazu zählte er neben Le Pen etwa auch den Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.

Die FN-Chefin erhielt so viele Stimmen wie noch nie in der Geschichte der Partei: Mehr als 7,6 Millionen Franzosen entschieden sich für die 48-Jährige. Zum ersten Mal seit 15 Jahren steht die FN in der Stichwahl um den mächtigsten Job Frankreichs. 2002 war - beim «Schock des 21. April» - überraschend Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen ins Finale gekommen, das er dann aber klar gegen den Konservativen Jacques Chirac verlor. Seine Tochter sagte am Sonntagabend: «Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen.»

Der 39-jährige parteilose Linksliberale Macron sagte, er wolle mit einem System brechen, «das unfähig ist, auf Probleme zu reagieren». Frankreich, die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, leidet seit Jahren unter hoher Arbeitslosigkeit und einer schwächelnden Wirtschaft.

Das Land steht nun vor einer dramatischen Richtungsentscheidung: Denn Le Pen will raus aus dem Euro und die Bürger über die EU-Mitgliedschaft Frankreichs abstimmen lassen. Macron tritt hingegen für die Europäische Union ein und will die Eurozone gemeinsam mit Deutschland stärken.

Er rief seine Anhänger dazu auf, ihm auch eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Frankreich wählt am 11. und 18. Juni eine neue Nationalversammlung. Die von Macron gegründete Bewegung «En Marche!» (Auf dem Weg) ist dort bislang nicht vertreten. Falls ein Präsident keine Abgeordneten-Mehrheit hinter sich hat, würde das seinen Gestaltungsspielraum erheblich einschränken.

Der Linksaußen-Politiker Mélenchon erreichte rund 19,6 Prozent. Sein konservativer Widersacher François Fillon kam auf knapp 20 Prozent und kündigte umgehend an, in der Stichwahl für Macron zu stimmen. Mélenchon gab zunächst keine Empfehlung ab. Der Kandidat der regierenden Sozialisten, Benoît Hamon, lag abgeschlagen auf dem fünften Platz. Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl des Nachfolgers von Präsident Hollande aufgerufen. Der Sozialist hatte wegen schlechter Umfragewerte nicht erneut kandidiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wünschten Macron kurz nach der ersten Wahlrunde Erfolg für die Stichwahl. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erhofft einen Aufbruch in Europa. Er gehe davon aus, dass Macron bei der Stichwahl gegen Le Pen gute Chancen habe, sagte der SPD-Politiker am Montag in der jordanischen Hauptstadt Amman. «Das ist wichtig für Frankreich, aber das ist auch wichtig für Europa.» Macron habe den Mut, die Ideen und die Kraft, sein Land «aus der Lethargie zu führen» und die Spaltung Europas zu überwinden.

Die Erleichterung über den Ausgang der ersten Runde bei den französischen Präsidentschaftswahlen sorgte am Montag am deutschen Aktienmarkt für einen Befreiungsschlag: Der Leitindex Dax ließ am Vormittag seine rund zwei Jahre alte Rekordmarke hinter sich und stieg bis auf 12 398 Punkte. Zwar sei das Weiterkommen des favorisierten Kandidaten Macron und der Rechtspopulistin Le Pen in die zweite Wahlrunde keine große Überraschung, schrieb Analyst Tobias Basse von der NordLB. Angesichts des wegfallenden Risikos reiche aber allein das schon, um bei Investoren für Erleichterung zu sorgen.

Der französische Wahlkampf war geprägt von Skandalen und Überraschungen. Der Anti-Terror-Kampf spielte insbesondere gegen Ende eine große Rolle. Frankreich wird seit Anfang 2015 von einer Serie islamistischer Anschläge erschüttert. Erst am Donnerstag hatte ein 39-Jähriger in Paris Polizisten angegriffen und einen getötet.

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EU-Gegnerin Marine Le Pen kommt laut Hochrechnungen in die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahl. Sie tritt mit einem nationalistischen Wahlprogramm an und will aus dem Euro austreten.

Experten zufolge könnte damit nicht weniger auf dem Spiel stehen als die Zukunft der Gemeinschaftswährung - oder gar der Europäischen Union. Die Börsen dürften deshalb gehörig in Bewegung geraten, sollte sich eine unerwartet hohe Zustimmung für Le Pen abzeichnen.

Falls sich Le Pen bei der Stichwahl am 7. Mai durchsetzen sollte - wovon Umfragen allerdings nicht ausgehen -, könnte der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um bis zu 35 Prozent einbrechen, befürchtet Analyst Lefteris Farmakis von der Schweizer Bank UBS.

Im Falle eines französischen Euroausstiegs dürften ausländische Investoren, die etwa 60 Prozent der französischen Staatsschuld halten, massiv französische Staatsanleihen verkaufen, lautet die Erwartung an den Finanzmärkten. Die Aufnahme von neuen Schulden würde sich für Frankreich erheblich verteuern.

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