Montag

Flüchtlingspolitik: Seehofer signalisiert Einlenken

Berlin (dpa) - Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat ein Einlenken im monatelangen Streit mit der CDU über eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr signalisiert.

«Wir sind uns in den letzten Wochen in vielen Punkten näher gekommen», sagte der bayerische Ministerpräsident dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». «Wenn es in einem weiter Differenzen gibt, dann können wir das aushalten.»

Die CSU-Forderung nach einer Obergrenze ist der zentrale Punkt im Streit zwischen Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel über den Kurs in der Flüchtlingspolitik. Die CDU-Chefin lehnt eine solche Grenze strikt ab. Bis heute ist unklar, ob die Vorsitzenden - wie traditionell üblich - den jeweils anderen Parteitag der Schwesterpartei besuchen.

Dem «Spiegel»-Bericht zufolge waren Merkel und Seehofer am Freitag vergangener Woche in Berlin überein gekommen, dass gegenseitige Auftritte derzeit nicht sinnvoll sind, da ein unfreundlicher Empfang droht. Aber dafür werde es wohl Anfang 2017 ein Treffen der Spitzengremien in München geben. Dabei solle nicht die Flüchtlingspolitik im Zentrum stehen, sondern das Verbindende der Parteien.

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber stellte sich in der Frage der Unions-Kanzlerkandidatur bereits hinter die CDU-Chefin. «Angela Merkel ist unsere Kandidatin. Daran kann es keinen Zweifel geben», sagte er dem «Spiegel». «Und ich würde mir wünschen, dass diese Aussage rasch kommt - von ihr und von uns.»

Dass es Bewegung in dem festgefahrenen Obergrenzen-Streit der Schwesterparteien geben könnte, hatte eine Äußerung Seehofers vom vergangenen Wochenende signalisiert. Der bayerische Ministerpräsident hatte die Zahl in der «Bild am Sonntag» ausdrücklich mit der Zuwanderung verknüpft und gesagt: «Die Obergrenze von 200 000 Zuwanderern pro Jahr ist - neben Humanität und Integration der Schutzbedürftigen - ein zentraler Punkt meiner Politik.» Damit bewegte er sich nicht weit entfernt von der Haltung Merkels.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte nun den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag): «Für die CDU gilt: Bei Asylbewerbern und Flüchtlingen, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu uns kommen, kann es keine Obergrenze geben.» Diese Menschen müssten aber zurück in ihre Heimat, wenn der Fluchtgrund - Krieg oder individuelle Verfolgung - entfalle. Anders sehe es bei der dauerhaften Einwanderung aus, sagte Tauber. «Diese sollte sich natürlich nach dem Bedarf unseres Landes - etwa für Fachkräfte - richten.» Dabei könne man genau festlegen, wie viele kommen könnten. «Diese Zahl kann, wie in klassischen Einwanderungsländern, von Jahr zu Jahr variieren.» Diese Position sei eine gute Grundlage für weitere Überlegungen in der Union. Auch Seehofer hatte in früheren Interviews deutlich gemacht, dass er das Asylrecht nicht antasten will.

Hinzu kommt: Deutschland hatte gemeinsam mit anderen Ländern verhindert, dass der am Freitag zu Ende gegangenen EU-Gipfel ein klares Zeichen gegen die Verlängerung der innereuropäischen Grenzkontrollen setzt. Für Merkel dürfte dieser Punkt auch wegen des Flüchtlingsstreits mit Seehofer wichtig gewesen sein. Gerade die Bayern wollen die Grenzkontrollen bis auf weiteres aufrecht erhalten.