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Startguthaben für Erwerbstätige: Nahles lehnt Grundeinkommen ab

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat der Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen eine Absage erteilt. Stattdessen hat sie ihre Idee eines Startguthabens für Erwerbstätige vorgestellt, mit dem sich Qualifizierungen, Unternehmensgründungen oder auch Pflegeauszeiten finanzieren ließen. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wirkt der Vorschlag wie Stimmenfang.

Andrea Nahles hat auf der Digital-Konferenz re:publica mit einem steuerbefreiten Guthaben für Erwerbstätige einen Alternativvorschlag zum bedingungslosen Grundeinkommen vorgebracht. Das steuerbefreite Startguthaben könnte jedem Bürger ab dem 18. Geburtstag zur Verfügung stehen und für unterschiedliche Zwecke genutzt werden, wie Weiterbildungsmaßnahmen, Existenzgründungen oder eine Auszeit für die Pflege von Angehörigen. Notwendig sei es allerdings, diese Verwendungsmöglichkeiten klar zu umreißen.

Das Guthaben könnte laut Nahles im Bereich zwischen 15.000 Euro und 20.000 Euro liegen. Unklar ist, ob ältere Menschen auf den gleichen Beitrag zurückgreifen könnten. Nahles räumte allerdings ein, den Betrag vielleicht an das Lebensalter zu koppeln sowie Menschen mit einem geringeren Bildungsabschluss ein höheres Guthaben zu geben als Erwerbstätigen mit einem höheren Abschluss.

Guthaben für Erwerbstätige mit ungewissen Kosten

Andrea Nahles schätzt die Kosten eines solchen Startguthabens auf "ein paar Milliarden" Euro ein. Das geht aus einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur dpa hervor. Doch angesichts einer Zahl von rund 44 Millionen Erwerbstätigen beliefen sich die Kosten selbst bei einem gestaffelten Guthaben allerdings eher auf mehrere hundert Milliarden Euro. In die Koalition hat die SPD-Politikerin den Vorschlag ohnehin noch nicht getragen. Laut dem Magazin t3n hat sie ihre Idee weder mit den Koalitionspartnern noch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erörtert. "Wenn ich mit dem meine guten Ideen bespreche, dann sind sie tot", so die Arbeitsministerin.

Vorschlag pünktlich zum Wahlkampf?

Angesichts der möglicherweise sehr hohen Kosten und der bisher ungenauen Gestaltung wirkt der Vorstoß von Nahles eher wie ein Versuch im Vorwahlkampf Stimmen zu gewinnen. In der aktuellen Legislaturperiode musste die Arbeitsministerin die Mütterrente der Union umsetzen, die vor allem jetzigen Rentnerinnen zugutekommt, die Rentenkasse und damit junge Beitragszahler aber belastet. Die Kosten für diese Rentenangleichung belaufen sich auf derzeit mehr als sieben Milliarden pro Jahr. Jedoch hat Nahles zusammen mit der SPD auch selbst ein umstrittenes Gesetzesvorhaben im Zuge des Rentenpakets durchgesetzt: Die Rente mit 63 kommt die Beitragszahler ebenfalls teuer zu stehen. Die Kosten beliefen sich allein 2014 auf etwa 1,5 Milliarden Euro.

Der jetzige Vorstoß der Ministerin auf einmal Erwerbstätige und vor allem junge Beitragszahler finanziell zu unterstützen wirkt daher etwas ungelenk. Beim Publikum der Konferenz konnte sie daher auch nicht überzeugen. Mit dem Grundeinkommen hätte sie hier vermutlich mehr Zuhörer für sich gewinnen können. Dieses widerstrebe ihr jedoch persönlich.

Argumente für bedingungsloses Grundeinkommen

Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) werden sich von Nahles Vorschlag kaum von ihrer Position abbringen lassen. Denn das Startguthaben berücksichtigt viele Menschen nicht, die besonders von einem Grundeinkommen profitieren könnten, darunter Kinder, Auszubildende oder Langzeitarbeitslose. Darüber hinaus ließe sich mit einem BGE viel bürokratischer Aufwand einsparen. Schließlich könnte der Staat auf zahlreiche Sozialleistungen verzichten. Zudem würden die Menschen frei über das BGE verfügen. Das würde dem Konsum zugutekommen und damit die Wirtschaft ankurbeln. Doch die Argumente stoßen bei Nahles auf taube Ohren. Sie bekräftigte vielmehr ein weiteres Mal, dass das Grundeinkommen nicht kommen wird, egal wie lange man darüber diskutiere.

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